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Spanische Auslandsvermögenserklärung – Das umstrittene Modelo 720

04.11.2016

Das im Oktober 2012 in Spanien verabschiedete Modell 720 sorgt für kontroverse Diskussionen. Eingeführt wurde es im Rahmen von Maßnahmen gegen die Steuerhinterziehung und zur Bekämpfung von Geldwäsche.

Doch insbesondere die Strafandrohungen in Form immens hoher Bußgelder lassen Zweifel hinsichtlich der Verfassungs- sowie auch EU-Rechtskonformität des Modells aufkommen.  

 

Das „Modelo 720“

Das sogenannte „Modelo 720“ ordnet die Informationspflicht aller in Spanien ansässiger Personen über im Ausland befindliches Vermögen an.

Es fordert dabei die Angabe von Eigentumsverhältnissen in folgenden drei Bereichen:

1.   ausländische Bankkonten mit einem Vermögen über 50.000 € 
2. Wertpapiere, Aktien, Versicherungen sowie Ansprüche an Gesellschaften, Lebensversicherungen oder Rentenansprüche über 50.000 € 
3.    Immobilien im Ausland oder Rechte über diese im Wert von über 50.000 €

Keine Verpflichtung zur Angabe besteht, sofern es sich um Bargeld, Autos, Schmuck, Boote usw., sowie nur kurzzeitiges Eigentum handelt.

Bei verspäteter, Nicht- oder Falschangabe der geforderten Informationen drohen jedoch außergewöhnlich hohe Strafen. Die Geldbuße kann dabei sogar höher ausfallen, als die Strafgebühr bei Nichtabgabe einer Steuererklärung. Eine Strafe wird sogar dann fällig, wenn das Vermögen zwar in der Steuererklärung angegeben wurde, nicht jedoch in der Auslandsvermögenserklärung.

Als Sanktionierung wird eine Versteuerung von 52 % des Vermögenswertes als Strafzahlung fällig, sowie eine zusätzliche Strafgebühr in Höhe von 150 % der Gesamtsteuerschuld der Einkommenssteuer.

Im Ergebnis ist es folglich sogar möglich, dass der dem Finanzamt zu zahlende Betrag den Wert des anzeigepflichtigen Vermögens übersteigt. Für die Betroffenen stellt dies eine enorme Härte dar, insbesondere bei Berücksichtigung der Tatsache, dass die meisten Leidtragenden mangels hinreichender Publikationen über die Einführung dieses Modelles überhaupt keine Kenntnis erlangen konnten.

Darüberhinaus stellt die Verjährungsregelung einen weiteren fragwürdigen Faktor dar.

Im Rahmen von Steuerangelegenheiten tritt eine Verjährung grundsätzlich nach vier Jahren ein. Im Hinblick auf das „Modelo 720“ ist hingegen überhaupt keine Verjährung für die Strafvorschriften vorgesehen.  

Komplikationen ergeben sich im Weiteren aufgrund des Erfordernisses der Einhaltung strenger Formvorschriften und Fristen für die Abgabe der Auslandsvermögenserklärung.

So kann diese nur zwischen Februar und Mai eines Jahres eingereicht werden. Desweiteren kann eine Abgabe ausschließlich in elektronischer Form erfolgen. Hierzu wiederum wird eine elektronische Unterschrift benötigt, die zunächst beantragt werden muss.

Es bedarf folglich der Überwindung einiger Hindernisse, um einer sonst drohenden Strafzahlung zu entkommen.

Sobald die Erklärung einmal abgegeben wurde, ist man seiner Informationspflicht jedoch noch nicht in jedem Fall abschließend nachgekommen. Vielmehr ist eine neue Erklärung dann erforderlich, wenn in einem der drei bezeichneten Bereiche eine Vermögenssteigerung von mindestens 20.000 € zu verzeichnen ist, oder wenn in einem Bereich erstmalig der Betrag von 50.000 € überschritten wurde.

Eine weitere Erklärung muss außerdem dann erfolgen, sofern ein Bereich wegfällt.

 

Europarechtliche Bedenken

Die außer Verhältnis stehenden Strafandrohungen lassen jedoch Bedenken auf europarechtlicher Ebene enstehen.

Aufgrund der in Frage stehenden Vereinbarkeit des spanischen „Modelo 720“  mit dem Europarecht wurde im Jahr 2013 bereits Beschwerde in Brüssel eingereicht.

Insbesondere steht die im EU-Vertrag garantierte Freizügigkeit in Frage, da die Auslandsvermögenserklärung zu einer Einschränkung der Personenfreizügigkeit und des Kapitalverkehrs führt.

Die Feststellung eines Verstoßes der hohen Strafandrohungen gegen europäisches Recht wird unter Kritikern für wahrscheinlich gehalten. Zum einen sieht das Modell 720 eine Informationspflicht bezüglich Gütern vor, die sich in der Europäischen Union befinden, zum anderen ist die fehlende Verjährung hinsichtlich dieser Güter, die in der Europäischen Union liegen, alarmierend.  

Aus den genannten Umständen, die das Modell 720 bedingen, resultiert eine beträchtliche Unverhältnismäßigkeit, dessen hinreichende sachliche Rechtfertigung in Frage gestellt werden kann.

Im November 2015 hat die EU-Kommission aus diesen Gründen die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Spanien veranlasst.

Möglicherweise kann damit zumindest eine Sanktionsmilderung erzielt werden.

 

Möglichkeit der Sanktionsaussetzung

Bis jedoch eine Entscheidung des EuGH ergeht, wird die Vollstreckung der das Modell 720 betreffenden Sanktionierung in Spanien vorerst ausgesetzt. 

Hierzu ist am 02. Oktober dieses Jahres das neue Verwaltungsverfahrensgesetz in Kraft getreten. Es sieht unter anderem die Möglichkeit der Beantragung der Aussetzung eines Verfahrens vor, solange dieses zur Entscheidung im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist.

Bis der Europäische Gerichtshof abschließend über die Frage der Europarechtskonformität der im Rahmen des „Modelo 720“ vorgesehenen Sanktionsmaßnahmen entscheidet, kann die Vollstreckung der Strafzahlungen somit vorerst ausgesetzt werden.

Die Augen bleiben nun auf den Europäischen Gerichtshof gerichtet, dessen Entscheidung gespannt erwartet wird.   

 

Carina Hasenpusch - AHK Spanien

 

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