Ricardo Entrenas, Geschäftsführer von Audi Retail Barcelona, und Almudena Sánchez, Leiterin des Büros der Deutschen Handelskammer für Spanien in Barcelona, begrüßten die rund fünfzig Gäste und führten in die beiden Hauptvorträge des Abends ein.
Den Auftakt machte Ramón Giner, Sales Manager im Bereich Digital Industries Projects bei Siemens Spanien, mit seinem Vortrag „Die digitale Transformation in der Industrie. Die Fabrik der Zukunft“. Er bot einen Überblick über die Integration von KI-Technologien in der Industrie mit dem Ziel, intelligentere, flexiblere und nachhaltigere Wertschöpfungsketten zu schaffen.
Giner begann seinen Vortrag mit einem Exkurs in die Vierte Industrielle Revolution, die durch die „Demokratisierung der Technologie“ vorangetrieben wird und von drei Hauptakteuren geprägt ist: Daten als Rohstoff, Kommunikation als Übertragungselement und Software als produktiver Motor. „Diese drei Säulen haben eines gemeinsam: Sie sind nicht physisch – wir sprechen also von einem rein digitalen Wandel“, betonte Giner. Es folgte ein Blick auf das weltpolitische Umfeld, in dem technologische Machtzentren in Asien (China und Korea) und den USA stark unter Spannung stehen. „Eine dieser Spannungen zeigt sich deutlich in der Automobilindustrie, einem Sektor, in dem Europa einst den Weltmarkt anführte“, so Giner.
„Das grundlegende Problem ist aus meiner Sicht, dass wir bei Fahrzeugen daran denken, Instrumente, Elektronik, Sensoren usw. hinzuzufügen – anstatt darüber nachzudenken, einem Computer zwei Räder zu montieren. Während wir hier in Europa noch planen, wie und wo wir Batteriefabriken errichten wollen, verfügt China schon seit Jahren über die Kapazitäten zur Eigenproduktion von Batterien“, so der Experte.
Vor diesem Hintergrund, so Giner, werde die Industrie der Zukunft vor allem durch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die Marktbedürfnisse geprägt sein. Sie werde autonomer produzieren – unabhängig von Material- oder Fachkräftemangel –, effizienter und nachhaltiger agieren, eingebettet in ein Modell der Kreislaufwirtschaft. Zudem werde sie durch mehr Zusammenarbeit und Sicherheit gekennzeichnet sein, wobei die Barrieren zwischen Robotern und Menschen zunehmend verschwinden.
Im Anschluss stellte der Siemens-Experte einige der wichtigsten Technologien vor, die Unternehmen derzeit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. An erster Stelle hob Giner die Rolle des digitalen Zwillings hervor, der es ermöglicht, verschiedene Prozesse digital nachzubilden – etwa für materialfreie und schnellere Tests, zur Reparaturplanung oder zur Schulung von Personal bei geringeren Kosten. In diesem Zusammenhang betonte er auch den Nutzen des industriellen Metaversums für das immersive Engineering, das zum Beispiel erlaubt, ein Produkt parallel zur Präsentation beim Kunden zu entwickeln – eine „direkte Feedbackschleife“.
Anschließend ging der Referent auf Edge Computing ein – eine Technologie, die durch die Datenerfassung etwa die vorausschauende Wartung von Maschinen und eine höhere Effizienz ermöglicht. Ebenso verwies er auf autonome Fahrzeuge und Roboter, die bereits heute Materialflüsse im Werk verbinden sowie Inventur- und Überwachungsfunktionen übernehmen. Zu den neuen Anwendungen, die in der Industrie Einzug halten, zählt laut Giner auch der Einsatz virtueller Assistenten, etwa im Bereich Instandhaltung: Sie erfassen die gesamte Störungshistorie einer Anlage und liefern strukturierte Anleitungen zur Fehlersuche. Und nicht zuletzt nannte er die 3D-Fertigung, die beispielsweise in der Lebensmittelindustrie bereits eingesetzt wird – zur Herstellung von Speisen mit exakt den benötigten Nährstoffen, auf appetitliche und ansprechende Weise.
Nach dem Vortrag von Ramón Giner übernahm Holger Schlaps, Leiter für Forschung & Entwicklung sowie für Künstliche Intelligenz bei Sulzer GmbH, das Wort. In seiner Präsentation mit dem Titel „Putting AI at the core: Unlocking its full potential across the value chain“ begann er mit der Frage an das Publikum, wie stark KI-Technologien bereits im Alltag genutzt würden. „Wenn wir heute über KI sprechen, liegt der Fokus oft auf Aufgaben und Effizienzsteigerung – etwa beim Verfassen von E-Mails oder dem Zusammenfassen von Dokumenten. Die eigentliche Frage ist: Wie wird das in Zukunft aussehen? Wir müssen auf die Workflows achten – dass die Arbeit fließt und Daten durch verschiedene Abteilungen wandern. Die KI führt eine Aktion aus, der Mensch trifft eine Entscheidung, die KI verarbeitet diese Antwort und erzeugt den nächsten Schritt. Diese wiederholte Kombination kommt allen zugute und wird zur Etablierung von Arbeitsabläufen führen“, erläuterte Schlaps.
Im weiteren Verlauf betonte der Innovations- und KI-Verantwortliche von Sulzer GmbH die Bedeutung von Daten und deren Fluss innerhalb eines Unternehmens: „Wenn wir die vorhandenen Daten in einem Unternehmen intelligent zusammenführen, kann KI hochwertige Ergebnisse liefern.“ Dafür brauche es nicht nur Daten und das Engagement der Mitarbeitenden, sondern auch die Einbeziehung des spezifischen Kontexts in die KI. „Das ist der entscheidende Unterschied“, hob Schlaps hervor.
Anschließend demonstrierte der Referent live, wie ein KI-System einen Nutzer ohne spezifische technische Kenntnisse anleiten kann – indem es gezielte Fragen stellt, um ein bestimmtes Problem zu lösen, und die passenden Handlungsempfehlungen liefert. Der F&E-Direktor von Sulzer hob die Bedeutung solcher Technologien in einem von demografischem Wandel geprägten Umfeld hervor, in dem der Fachkräftemangel zunimmt und Unternehmen über eine immer vielfältigere Belegschaft mit unterschiedlichen Muttersprachen verfügen. „Mitarbeitende können ihre Aufgaben besser erfüllen, wenn sie im jeweiligen Moment des Prozesses die spezifischen Informationen erhalten, die sie benötigen“, betonte er.
Dafür sprach sich Schlaps für die Einbindung der Unternehmensleitung bei der Umsetzung einer KI-Strategie aus und plädierte dafür, konkrete Anwendungsfälle „in den Händen der Fachabteilungen zu belassen, denn sie kennen die Workflows und Prozesse am besten“. „Man muss mit ihnen sprechen und die Lösungen gemeinsam entwickeln, um echten Mehrwert in den Abläufen zu schaffen“, so sein Fazit.