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Belén Garijo, CEO von Merck: „Es ist an der Zeit, das Silodenken aufzubrechen, das die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas ausbremst“

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Mit einer über 356-jährigen Geschichte ist Merck ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Life Science, Healthcare und Electronics. Das Unternehmen beschäftigt rund 63.000 Mitarbeiter in 66 Ländern und vereint börsennotierte Strukturen mit familiärer Führung. Seit ihrer Gründung prägt die Familie Merck — mittlerweile in der 13. Generation - die Werte und Visionen des Unternehmens. Spanien ist für Merck der viertwichtigste Markt in Europa. Über 1.200 Mitarbeiter sind dort in drei Produktionsstätten beschäftigt. In Mollet de Vallés nahe Barcelona wird in zwei Werken eine breite Palette pharmazeutischer und chemischer Produkte gefertigt. Ergänzt werden diese Kapazitäten durch das Werk in Tres Cantos bei Madrid, das auf die Produktion von Wachstumshormonen spezialisiert und weltweit führend in der Herstellung von Fruchtbarkeitshormonen ist. Die Medizinerin Belén Garijo, geboren in Almansa, Albacete, trat 2011 bei Merck ein und übernahm zunächst Führungsaufgaben im Biopharma-Geschäft, bevor sie ab 2015 den Bereich Healthcare leitete. Seit 2021 führt sie Merck als Vorsitzende der Geschäftsleitung und CEO in der Firmenzentrale in Darmstadt, Deutschland.

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Frau Garijo, Innovation ist ein zentraler Wachstumsmotor für Merck, mit einem starken Fokus auf Digitalisierung. Dabei beschränkt sich Innovation bei Ihnen nicht nur auf die über 6.500 Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung, sondern spielt auch eine entscheidende Rolle in der Unternehmensführung und im Umgang mit Kunden. Auf welche Maßnahmen setzt Merck, um Innovation als festen Bestandteil Ihrer Unternehmenskultur zu etablieren und weiterzuentwickeln?

Als führendes Unternehmen in Wissenschaft und Technologie steht Innovation im Mittelpunkt unseres Handelns und ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Identität. Innovation durchzieht bei uns alle Bereiche: Von der Entwicklung und dem Einsatz von Spitzentechnologien bis hin zu der Art und Weise, wie wir innerhalb des Unternehmens mit unseren verschiedenen Teams und auch extern mit wichtigen Partnern zusammenarbeiten, um den Fortschritt voranzutreiben. So können wir komplexe Herausforderungen aus neuen Blickwinkeln angehen. Unsere Richtlinien zu Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion sowie unsere leistungsstarke Unternehmenskultur helfen uns, ein Umfeld zu schaffen, das unsere Innovationsprozesse bereichert.

Außerdem nutzen wir Daten, Kl und digitale Technologien in allen Bereichen unseres Unternehmens, um weiter zu wachsen, Innovationen zu beschleunigen und effizienter zu werden. Unsere ständige Innovationsbereitschaft hilft uns, widerstandsfähiger zu werden und Veränderungen vorherzusagen und uns an sie anzupassen. Im heutigen dynamischen Umfeld ist dies ein Wettbewerbsvorteil. Ein über 355 Jahre altes Unternehmen kann sich nur dann weiterentwickeln und den Anforderungen von morgen gerecht werden, wenn es in der Lage ist, heute schnell und flexibel zu innovieren.

Nicht erst seit dem Draghi-Bericht vom September letzten Jahres steht Europa vor der dringenden Aufgabe, der Schwächung seiner Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der globalen Konkurrenz entschieden entgegenzutreten und eine tiefgreifende Reindustrialisierung einzuleiten. Welche Maßnahmen müssten Ihrer Meinung nach von der öffentlichen Hand und von den Unternehmen selbst umgesetzt werden, um Europa - gerade in einer Ära wachsender protektionistischer Strömungen - wieder als führenden Wirtschaftsstandort zu sichern?

Die komplexen und fragmentierten Strukturen Europas schwächen seine globale Wettbewerbsfähigkeit. Wir müssen ein Umfeld der Zusammenarbeit schaffen, das Investitionen in die Förderung von Innovationen in einem vereinten Europa anregt. Wie ich vor kurzem in Davos sagte: Es ist an der Zeit, das Silodenken aufzubrechen, das Europa ausbremst. Die politischen Entscheidungsträger der Länder müssen ihr kurzfristiges nationales Denken ablegen und sich für Europa entscheiden.

Dieses Problem müssen wir mit einer ehrgeizigen Strategie angehen, die eine öffentlich-private Zusammenarbeit mit einem flexiblen Rechtsrahmen und einem starken Engagement für Innovationen kombiniert.

Bei Merck glauben wir weiterhin fest an den freien Handel und an die Kraft multilateraler Kooperationen mit Partnern aus dem öffentlichen und privaten Sektor. Wenn Sie mich nach den Handlungsprioritäten fragen: Der öffentliche Sektor muss politische Maßnahmen fördern, die Investitionen in Technologie, Forschung und Entwicklung sowie Nachhaltigkeit begünstigen   das sind Bereiche, in denen Europa großes Potenzial für eine Spitzenposition hat— und er muss ein zuträgliches regulatorisches Umfeld schaffen, das die Unternehmen unterstützt.

Die Unternehmen ihrerseits können sich nicht nur bei ihren Produkten, sondern auch bei ihren Geschäftsmodellen auf Digitalisierung und Innovation stützen. Investitionen in die digitale Aus- und Weiterbildung sind eine weitere wichtige Maßnahme: Gut ausgebildete Talente und ein Umfeld, das Kreativität belohnt, sind entscheidend, damit Europa seinen Wettbewerbsvorteil zurückgewinnen kann.

  • „Nachhaltigkeit ist eine langfristige Investition, die unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit und ein nachhaltiges, widerstandsfähiges Wachstum gewährleistet.“
    Belen Garijo
    Belén Garijo CEO
    Merck

Europa ist seit jeher Vorreiter in der Nachhaltigkeit, und auch Merck hat sich ehrgeizige Ziele wie die Klimaneutralitätbis2040unddievollständigelntegration von Nachhaltigkeit in alle Wertschöpfungsketten bis 2030 gesetzt. Welche Rolle spielen Wissenschaft und Technologie bei der Erreichung dieser Ziele, und wie gelingt es, ökologische und unternehmerische Interessen langfristig in Einklang zu bringen?

Bei Merck sind wir der Ansicht, dass Nachhaltigkeit und Wissenschaft zwei Seiten derselben Medaille sind. Unsere Klimaziele basieren auf wissenschaftlichen und technologischen Innovationen, die es uns ermöglichen, nachhaltigere Prozesse und Produkte zu entwickeln. So investieren wir zum Beispiel in Technologien, die den Energieverbrauch optimieren und den C02Ausstoß in unseren Produktionsanlagen reduzieren.

Wir wollen unseren ökologischen Fußabdruck verringern und zugleich unsere positiven Auswirkungen auf die Menschen maximieren. Durch die Entwicklung von Lösungen, die auf Kreislaufrdirtschaft und erneuerbaren Energien basieren, können wir unsere Ziele mit den Anforderungen einer Welt, die vor noch nie dagewesenen ökologischen Herausforderungen steht, in Einklang bringen.

Entscheidend ist dafür, dass wir Nachhaltigkeit nicht als Kostenfaktor begreifen, sondern als langfristige Investition, die unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit und ein nachhaltiges, widerstandsfähiges Wachstum gewährleistet.

Mit Produktionsstätten wie Tres Cantos steuert Spanien einen wichtigen Beitrag zum Erfolg von Merck bei. Welche Bedeutung hat der Standort Spanien für Ihr Unternehmen, und was macht Ihrer Meinung nach das positiv bewertete Wirtschaftsklima hier im Land — im Gegensatz zu anderen Ländern in Europa — aus? Gilt dies auch uneingeschränkt für den Pharmasektor in Spanien?

Spanien ist für die Merck-Gruppe ein strategischer Pfeiler, sowohl wegen seiner Fachkräfte als auch wegen seines günstigen Umfelds für Innovationen und Investitionen. Unser Standort Tres Cantos zum Beispiel zählt weltweit zu den führenden Produktionsstätten für Fruchtbarkeits- und Wachstumshormone. Er ist einer von weltweit neun Biotech-Standorten des Unternehmens und fördert biotechnologische Innovationen von Madrid aus in der ganzen Welt.

Das positive Wirtschaftsklima in Spanien beruht auf Faktoren wie hochqualifizierten Arbeitskräften und einem stabilen regulatorischen Umfeld. Dennoch müssen wir uns auch selbst kritisch hinterfragen und analysieren, was wir verbessern können. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Branche weiterhin mit Herausforderungen konfrontiert ist, z. B. mit der Notwendigkeit, die Zulassung neuer Therapien zu beschleunigen und einen gerechten Zugang zu innovativen Behandlungen zu gewährleisten.

In einer Zeit, in der sich gezeigt hat, dass Medikamente von strategischem Wert sind, positioniert sich Spanien als eines der europäischen Länder mit dem größten Produktionspotenzial.

  • „In einer Zeit, in der Medikamente von strategischem Wert sind, positioniert sich Spanien als eines der europäischen Länder mit dem größten Produktionspotenzial.“
    Belen Garijo
    Belén Garijo CEO
    Merck

Vielleicht können Sie uns als Spanierin an der Spitze eines deutschen Familienunternehmens die immer größer werdende Nachfrage seitens deutscher Untemehmen nach spanischen Fachkräften erklären? Auch haben immer mehr deutsche Unternehmen in den letzten Jahren wichtige technologische Hubs hier in Spanien gegründet, um sich mit gut ausgebildeten Fachkräften zu versorgen. Wie bewerten Sie dies?

Die steigende Nachfrage deutscher Unternehmen nach spanischen Fachkräften spiegelt die hohe Wertschätzung für deren Qualifikationen wider, insbesondere in Bereichen wie Wissenschaft, Technologie und Ingenieurwesen.

Dank der Arbeit der spanischen Universitäten und Forschungszentren verfügen wir zunehmend über Fachkräfte mit Fähigkeiten, die von deutschen Unternehmen sehr geschätzt werden. Spanien hat bei der Ausbildung seiner Fachkräfte erhebliche Fortschritte ge  macht und sich an die Anforderungen eines globalisierten und digitalisierten Marktes angepasst.

Merck setzt sich auch für die Ausbildung wissenschaftlicher Talente ein. In unserer spanischen Tochtergesellschaft fördern wir Programme, mit deren Hilfe Wissen in Bereichen aktualisiert werden kann, die sich ständig weiterentwickeln, wie z. B. die Nutzung von Daten. Gemeinsam mit Partnern wie IBM und der Universität von Navarra fördern wir das Programm Smart Health Awareness, mit dem wir Fach- und Führungskräften im Gesundheitswesen Schulungen in Kl und Big Data anbieten, um die digitale Transformation voranzutreiben und so zur Nachhaltigkeit des spanischen Gesundheitssystems beizutragen.

Dabei ist die Einrichtung von Technologiezentren jedoch nicht nur eine Reaktion auf verfügbare Fachkräfte, sondern auch auf Faktoren wie wettbewerbsfähige Kosten und ein wachsendes Innovationsökosystem. Dieser Trend stärkt sowohl die deutschen Unternehmen als auch die spanische Wirtschaft und schafft einen positiven Kreislauf der Zusammenarbeit.

Als global agierendes Unternehmen muss sich Merck nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. Welche dieser zukünftigen Herausforderungen betrachten Sie als besonders dringlich, und welche nächsten Meilensteine strebt Merck in den verschiedenen Geschäftsbereichen an?

Merck hat sich schon immer von familiären Werten leiten lassen. Dies hat uns zu unserem Ruf verholfen, in Europa und der ganzen Welt einer der besten Arbeitgeber zu sein. Wir wollen ein förderliches Umfeld schaffen, das jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter die Merck hat sich schon immer von familiären Werten leiten lassen. Dies hat uns zu unserem Ruf verholfen, in Europa und der ganzen Welt einer der besten Arbeitgeber zu sein. Wir wollen ein förderliches Umfeld schaffen, das jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter die Möglichkeit bietet, sich zu entwickeln, einen eignen Beitrag zu leisten und sich zu entfalten. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter ganzheitlich betrachten, unabhängig davon, in welchem Lebensabschnitt sie sich befinden.

Vor kurzem haben wir zwei Programme ins Laufen gebracht, die unseren Mitarbeitenden die Zeit, den Raum und die finanzielle Unterstützung geben, die sie in wichtigen Momenten brauchen. Letztes Jahr haben wir ein umfassendes Kinderwunschprogramm ins Leben gerufen, mit dem wir unsere Mitarbeitenden und ihre Partner weltweit zu 100 Prozent finanziell unterstützen, wenn sie sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterziehen müssen, um eine Familie zu gründen. Mehr als 300 Mitarbeitende haben bereits Unterstützung für diagnostische Tests, In-vitro Fertilisation, intrauterine Insemination, die Behandlung männlicher Unfruchtbarkeit und mehr erhalten.

Wirverstehen auch die enorm wichtige Rolle, die pflegende Angehörige spielen, und sind uns der Anforderungen bewusst, die mit dieser Aufgabe verbunden sind. Es lässt sich nicht immer vorhersehen, wann ein geliebter Mensch pflegebedürftig wird. Jeder von uns kann plötzlich in eine solche Situation geraten. Das neue Caregiver-Programm, das wir Anfang des Jahres für alle Mitarbeitenden eingeführt haben, kann ihnen zumindest eine Sorge abnehmen, damit sie sich in einer besonders schwierigen Zeit ganz auf ihre Familie konzentrieren können.
 

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