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Energieeffizienz und erneuerbare Energien in spanischen Häfen

12.07.2023

Mit insgesamt 46 Häfen ist Spanien ein zentraler Warenumschlagspunkt in Europa. Aufgrund des international abgewickelten Handels, sind insbesondere die großen Häfen wie der Hafen Valencia an der Ostküste der Iberischen Halbinsel ein attraktiver Standort für Industrieunternehmen. Durch den intensiven Waren-, Personen- und Kreuzfahrtverkehrs und auch wegen des angesiedelten produzierenden Gewerbes, zeichnen sich die Häfen allerdings auch durch einen hohen Schadstoffausstoß aus.

Vor diesem Hintergrund organisierte die Deutsche Handelskammer für Spanien Anfang Juli in Valencia eine Geschäftsreise im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Im Rahmen der Exportinitiative Energie verfolgte die Veranstaltung das Ziel, das Bewusstsein für neue Technologien zur Förderung einer energieeffizienten und nachhaltigen Hafenwirtschaft sowie -industrie zu schärfen. Die Exportinitiative unterstützt zudem den Markteinstieg deutscher Anbietender von nachhaltigen Energielösungen im Ausland, erklärt Manuel Schwerdtfeger, Regionaldirektor Europa der Geschäftsstelle. Die Säulen der deutschen Energiewende, die Effizienz, der Einsatz erneuerbarer Energien und die Sektorenkoppelung, können somit auch auf die Aktivitäten der deutschen Unternehmen im Ausland übertragen werden.

Die Fachtagung wurde von Gaspar Ripoll Ruiz de la Escalera, Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Valencia eröffnet, der in Bezug auf den spanischen Markt die zentrale Rolle betonte, die die Handelshäfen bei der energetischen Transformation und für die wirtschaftliche Stabilität der EU spielen. Der Präsident der Hafenbehörde Valencia Joan Calabuig beschrieb in diesem Zusammenhang die Dekarbonisierung als fundamentales Element, dem sich der Hafen Valencia auf dem Weg zur Nachhaltigkeit verschrieben hat. Als Leiter für Energiewende und Nachhaltigkeit der Fundación Valenciaport arbeitet Josep Sanz für die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen im Hafen Valencia. Er erklärte, dass der Energiekonsum und CO2-Ausstoss vor allem auf die Aktivität der Tanker zurückzuführen ist. Für die Reduktion der Emissionen setzt der Hafen insbesondere auf den Bau von Windkraft- und Solaranlagen. Derzeit genießen großflächige Photovoltaikanlagen allerdings noch einen eher schlechten Ruf in Spanien. Herr Sanz betonte daher die Wichtigkeit des Dialogs mit den betroffenen Parteien und rechnet lediglich mit temporären Verzögerungen der Vorhaben. Ein weiteres fundamentales Element der Dekarbonisierung bildet die Elektrifizierung und der damit verbundene Ausbau des Versorgungsnetzes und dessen Speisung mit Strom aus erneuerbaren Energien. Dies betonte auch Dr. Georg Böttner von der Hamburger Hafen und Logistik AG und hob in diesem Zusammenhang ebenfalls den Ausbau der Schieneninfrastruktur hervor.

Holger Thomsen von der WKN GmbH identifizierte die Schifffahrt und die Industrie als zwei Sektoren, die nur schwer bis nicht zu elektrifizieren sind und daher auf Wasserstofftechnologien angewiesen sein werden. Vor diesem Hintergrund wird von der Fundación Valenciaport das Projekt H2 Ports durchgeführt, welches die konventionelle Nutzung von Wasserstoff in der Industrie fördern soll. Bisher wurden Pilotprojekte im Transport- und Logistiksektor gestartet, die unter anderem mit Wasserstoff betriebene Reachstacker umfassen.

Als Leiter der Wasserstoffprojekte im Hamburger Hafen, betonte auch Dr. Georg Böttner die Wichtigkeit des Wasserstoffs neben nachhaltigem Strom. Er hob ebenfalls hervor, dass der Weg der Dekarbonisierung nicht allein gegangen werden kann. Um robuste Entscheidungsgrundlagen aufbauen zu können, ist eine Kooperation der Häfen untereinander und mit unterschiedlichen Unternehmen essenziell. Eine bereits getroffene Vereinbarung mit der Fundación Valenciaport und die Zusammenarbeit mit weiteren Häfen ermöglicht die Bildung eines Clusters zum Austausch von Erfahrungen und Knowhow.

Technologien für die Dekarbonisierung von Häfen

Unterstützung für der Umsetzung von Effizienzprojekten von Unternehmen und insbesondere dem Industriesektor bietet auch das Fraunhofer Institut. Felix Schnell, Projektleiter im Bereich Energiesystemplanung, erklärte, wie sie durch die Planung von Energiesystemen Möglichkeiten aufzeigen, wie in der Industrie schon heute CO2-neutral produziert werden kann. Mithilfe einer soliden Datengrundlage und durch Szenarioanalysen, kann das Zusammenspiel einzelner Technologien simuliert und die effizienteste Lösung gefunden werden. Auf Basis der Forschung des Instituts konnten bereits die Aktivitäten mehrerer Unternehmen diverser Industriezweige angepasst und umstrukturiert werden.

Das aus dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme entstandene Unternehmen Industrial Solar ist eins von sechs deutschen Unternehmen, die ihre neuesten Entwicklungen im Bereich der Energieeffizienz auf der Fachtagung vorstellen. Industrial Solar bietet Lösungen für die Umstrukturierung in Form von den selbstentwickelten Fresnel-Sonnenkollektoren. Eine Technologie zur Membrandestillation kann außerdem ultrareines Wasser für die Wasserstoffproduktion gewonnen werden. Lösungen für Photovoltaikanlagen bietet auch die Sinnpower GmbH. Neben Standardlösungen hat sich das Unternehmen auf schwimmende Anlagen und Lösungen für Spezialanwendungen wie zum Beispiel Bewässerungskanäle spezialisiert.

Die von Orcan Energy entwickelten Energy Packs haben ebenfalls das Ziel der Energiegewinnung. Dafür nutzen sie die Residualhitze ihrer Industriekunden und wandeln diese in einem organischen Rankine-Zyklus in elektrische Energie um. Mobile und schnelle Energie liefern die Zellen von EAS Batteries, die aufgrund ihrer LFP-Technologie besonders sicher sind und sich insbesondere für kurzfristige Energieaufnahmen und -abgaben eignen.

Auf das Thema des Wasserstoffs hat sich zum einen die WKN GmbH spezialisiert. Als Projektentwickler wollen sie nun auch den Bau von Elektrolyse-Anlagen realisieren. Mit dem Ziel der Gewinnung von 1 GW Energie in grünem Wasserstoff werden derzeit zwei Projekte in Polen und Südafrika durchgeführt. Zum anderen will auch das Unternehmen Kawasaki mit ihrer Kawasaki Hydrogen Road die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken und sich als Hub in Europa etablieren. Der Vertreter des Unternehmens auf der Fachtagung, Dr. Nurettin Tekin, stellte allerdings auch fest, dass die Menge an grünem Wasserstoff derzeit nicht ausreicht. Daher müssen auch andere Herstellungsverfahren in Betracht gezogen werden.

Dr. Georg Böttner stimmte ihm überein und merkte zum Ende der Tagung an: „Die Welt ist bunt.“ Damit betonte er zwar die Wichtigkeit des Wasserstoffs im Zuge der Dekarbonisierung, sprach sich aber gleichzeitig für die Nutzung von aus unterschiedlichen Quellen gewonnenem Wasserstoff aus. Als das endgültige Ziel sei zwar weiterhin die Nutzung von ausschließlich grünem Wasserstoff definiert, auf dem Weg dorthin müsse aber auch beispielsweise grauer und blauer Wasserstoff als Übergangslösungen etabliert und akzeptiert werden.

Energiespar- und -effizienzlösungen in spanischen Hafenanlagen

Im Anschluss an die Fachtagung bestand die Möglichkeit für die spanischen Besucher:innen im Rahmen von B2B-Gesprächen, mehr über die Initiativen und Projekte der deutschen Unternehmen zu erfahren. Dadurch wurde beiden Seiten die Möglichkeit gegeben, Geschäftsbeziehungen zu etablieren und Partnerunternehmen für zukünftige Projekte zu gewinnen.

Mit den Besuchen des Hafens Valencia und des Hafens Castellón, konnten die deutschen Teilnehmenden zudem einen Einblick in laufende und geplante Nachhaltigkeitsprojekte gewinnen. Mit der Norderweiterung des Hafens Valencia soll eine 98-prozentige Elektrifizierung der Maschinen erreicht werden. Die weiteren zwei Prozent sollen mit Wasserstoff betrieben werden. Die Größe des Hafens Valencia bietet die Möglichkeit, die Skaleneffekte nach erfolgreich abgeschlossenen Pilotprojekten optimal zu nutzen. Allerdings profitiert ein kleinerer Hafen wie der Hafen Castellón von höherer Flexibilität und einem geringeren Bürokratieaufwand. Mit der Blue Growth-Strategie möchte die Hafenbehörde Castellón innovative Pilotprojekte auf dem Hafengelände fördern. Dabei hat jedoch stets die Wettbewerbsfähigkeit oberste Priorität. Im Rahmen des Projekt Oktopus, welches eine Erweiterung des Hafens Castellón um zwei Containerterminals umfasst, sollen weitere Schritte in Richtung Dekarbonisierung erfasst werden. Neben dem Ausbau des Schienennetzes, wird auch in den Bau von Offshore-Windparks und Lager für chemische Produkte investiert.

Obwohl es sich bei der Schifffahrt und der Hafenindustrie um eher schwer zu dekarbonisierende Sektoren handelt, lassen sich in den Häfen bereits Ansätze eines Wandels erkennen. Mithilfe von Pilotprojekten und unter der möglichen Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen, soll der Weg zur CO2-Neutralität geebnet werden. Mit den zahlreichen Initiativen, die in den spanischen Häfen bereits gestartet wurden, und dem Austausch des Knowhows, wurden bereits die ersten Schritte in diese Richtung gemacht. 

Fotoalbum(*Flickr)

 

Finden Sie hier die Vorträge zum Download: 

Orcan Energy AG, Laura de la Torre 

EAS Batteries GmbH, Michael Deutmayer

Fundación Valenciaport, Josep Sanz Argent 

SINN Power GmbH, Rafael Palacios

Industrial Solar GmbH, Irapua Santos

WKN GmbH, Holger Thomsen

Kawasaki Gas Turbine Europe GmbH, Nurettin Tekin

Fraunhofer Institut, Felix Schnell

Hamburg Hafen und Logistik AG, Georg Boettner

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Manuel Schwerdtfeger