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Aktuelle Diskussion über die Höchstarbeitszeit in Spanien

12.03.2024

Die spanische Arbeitsministerin, Vizepräsidentin und Parteivorsitzende von Sumar, Yolanda Díaz, spricht sich seit einigen Monaten für die schrittweise Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden für das Jahr 2024 und auf 37,5 Stunden ab 2025 aus.

Um dies anzustoßen, hatte das Bündnis Sumar einen Antrag in den Kongress eingebracht. Dieser enthält die Aufforderung an die Regierung, dringend einen Prozess des sozialen Dialogs einzuleiten, um eine schrittweise Verkürzung der Höchstarbeitszeit zu verwirklichen. Diesem Antrag hat der Kongress am 22.02.2024 zugestimmt. Damit ist nun die Regierung am Zug.

Zur Einordnung des Vorhabens und der starken Kritik in Opposition und Medien, betrachten wir die aktuelle Gesetzeslage:

Rechtliche Einordnung

Art. 34 Abs. 1 des spanischen Arbeitnehmerstatuts, des Estatuto de los Trabajadores (ET), regelt eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden. Diese wird jedoch im Jahresdurchschnitt berechnet, wobei gesetzliche Urlaubsansprüche und Feiertage berücksichtigt werden. Es werden also nur Arbeitstage einberechnet, an denen tatsächlich gearbeitet wird. Danach ergibt sich abzüglich des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und der Feiertage eine gesetzliche Höchstarbeitszeit von 1826 Stunden und 27 Minuten.

Dies bedeutet indes nicht, dass innerhalb der Arbeitswoche keine Höchstarbeitszeit gilt.  Wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen keine abweichenden Regelungen treffen, gilt die gesetzliche tägliche Höchstarbeitszeit von 9 Stunden sowie Ruhezeiten zwischen den Arbeitstagen (Art. 34 Abs. 3 ET).

Selbstverständlich können Tarifverträge auch eine geringere Jahresstundenanzahl vorsehen, was in der Praxis auch häufig der Fall ist. Dann liegt es an den Arbeitgebern, in einem Arbeitszeitkalender die Arbeitszeit festzulegen. Wenn diese nun beispielsweise eine Höchstgrenze von 1764 Stunden vorsieht, entsprich dies einem Wochendurchschnitt von 39 Stunden. Dies hindert den Arbeitgeber nicht daran eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden vorzusehen. Die Jahresberechnung bietet die Unternehmen die Flexibilität die durch mehr Urlaubstage und Freizeit einen Ausgleich zu schaffen. Hier kann beispielsweise auch an eine Reduzierung der Arbeitszeit oder Tage in den besonders heißen Sommermonaten gedacht werden.

Vor diesem Hintergrund kann nun die Kritik an dem „ob“ und „wie“ besser eingeordnet werden.

Unabhängig von der Kritik über die Beweggründe der Ministerin für diesen Vorstoß, fordern Arbeitnehmerverbände und Gewerkschaften, dass eine Gesetzesänderung nicht an die Wochenarbeitszeit anknüpft.  An der durchschnittlichen Berechnung soll nichts geändert werden. Es wird die Sorge geäußert, dass eine Reduzierung der Wochenstundenzahl zum Rückgang der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit führen würde. Sinnvoller sei die Beibehaltung von Flexibilität durch die Ausgestaltung des Jahresarbeitszeitkalenders.

Auch gibt es Kritik durch Opposition und Unternehmen, dass die Arbeitszeitreduzierung nicht pauschal für alle Branchen und Arbeitnehmer gelten solle. Unternehmen befürchten weiterhin negative wirtschaftliche Auswirkungen und höhere Kosten, die durch eine mögliche Arbeitszeitreduzierung bei gleichbleibendem Gehalt entstehen könnten.

Da noch kein konkreter Vorschlag zur Ausgestaltung vorgelegt wurde, muss abgewartet werden, wie die Regierung auf das Abstimmungsergebnis reagiert.

Youssef Westenberger
Referendar – AHK Spanien

02.2024